Geschichtstafel: Die schwarze Burg – De schwatte Borg

Mit einiger Phantasie erahnt man die Spuren im Gras.

Bei passender Witterung werden die Ringe sichtbar, in besonders trockenen Sommern oder hier im Winter, nachdem der Schnee verweht war.

Text der Tafel:
Der Baustil der Turmhügelburg stammt ursprünglich aus Frankreich, daher die Bezeichnung „Motte“. (…) Bewohnt wurden sie vom sog. niederen Landadel, der einem Kloster oder mächtigerem Herrn dienstpflichtig war. Die Aufgabe war, eine wichtige Handelsstraße oder ein bestimmtes Gebiet zu kontrollieren, oder wie in diesem Falle, wie die nebenstehende Karte deutlich macht, einen von West nach Ost vorpreschenden Grenzbereich des Herzogtumes Kleve gegen das Stift Münster zu sichern.


Auf der Google-Karte sieht man sehr schön die kreisrunde Anlage mit Graben, die Aufnahme ist ein schönes Beispiel für die Leistungsmöglichkeiten der Luftbildarchäologie. In „Natura“ ist die Anlage vom Weg aus nur noch schwach zu ahnen, sie ist aber immer noch sichtbar. Im Heimatkalender von 1953 ist noch ein Bild der Ruine zu sehen.

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Diese Grenze, heute noch streckenweise gut am Verlauf von Landwehren zu erkennen, war durchgehend, u.a. auch südlich der Lippe über Hünxe, Dinslaken in Richtung auf Oberhausen, mit Turmhügelburgen gesichert. Einige Exemplare, z.B. bei Gartrop unmittelbar südlich des Kanals und bei Hünxe, sind noch gut erhalten.

Einfügung Beispiele:
Motte am Kamphaushof in Gahlen
Der Kattenturm in Essen-Kettwig (Burg Luttelnau)

Auf einer Karte von 1927 ist die Motte noch zu finden.

Weniger gut erhalten, bzw. teilweise zerstört oder völlig eingeebnet, sind die Burgen Kretier (3,5 km nordwestlich von Raesfeld bei den Höfen Möllmann/Meis gelegen) und der sog. „stumpe Torn“, der am Hofe Wanning in Heiden, Landwehrkämpe, gestanden haben soll. Auch die mit ihren teils dreifach gestaffelten Wällen noch relativ gut erhaltene Burg Engelrading in Marbeck/ Heiden dürfte diese Grenze gesichert haben, wobei gewisse Anhaltspunkte dafür sprechen, daß es sich hier um ein zum Stift Münster gehörendes Bollwerk handelt.

Einfügung: Die Karte Westphaliae von 1579 zeigt den komplexen Grenzverlauf zu dieser Zeit:

Die Karte von 1579 zeigt in sehr schön den Grenzverlauf. Nicht verwirren lassen, die Karte ist nicht genordet.

 

Friedlich und still wurde es um diese Grenze und ihre Turmhügelburgen ab 1572-1579. Durch den Klevisch-Münsterischen Staatsvertrag von Bocholt, mit dieser Zeitangabe datiert, wurde die Grenze von Schermbeck ab in nordwestlicher Richtung  zurückgenommen. Die Turmhügelburgen, zuvor bereits nur in Krisenzeiten mit einer Besatzung belegt, verfielen und versandeten seitdem, bis sie in unserer Zeit hier und dort eingeebnet wurden.Von diesem Standort aus, etwa 80-100 m in südöstlicher Richtung auf Lembecker Gebiet gelegen, befand sich im 12. Jahrhundert eine sogenannte Turmhügelburg, die „Schwarte Borg“. Die Reste dieser Burg zeichnen sich
heute noch, in trockenen Sommern, an dem dunkleren Grün erkennbar, auf dem
Boden ab. Der Durchmesser des Haupthügels (A) betrug etwa 30-40 m. Er dürfte ursprünglich einen Wohnturm getragen haben. Auch die zwei kreisrunden 10-15 m breiten Gräften und Wälle, deren innerer, nach Westen hin gelegener, die Vorburg mit den Wirtschaftsgebäuden, Haupttor und Zugbrücke getragen hat, zeichnen sich ab. Unterlagen in unserem Archiv beweisen die Richtigkeit unserer Skizze.

Der bekannte Heimatforscher und ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger Fritz Küpper schrieb im Heimatkalender 1953, daß es sich bei der Schwarten Borg wohl um eine Fliehburg gehandelt hat, die in Notzeiten von den umliegenden Bauern aufgesucht wurde, was nach heutigen Erkenntnissen jedoch mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Eine Fliehburg bestand zwar an dieser Stelle, aber ein rund ein Jahrtausend früher, wie die archäologischen Untersuchungen von Professor Stieren aus den 30-er Jahren belegen. Diese Zufluchtstätte hatte einen Bezug zu der, ca. 500 Meter westlich auf einer Anhöhe entdeckten, 250-300 n. Chr. vorhanden gewesenen sog. „kaiserzeitlichen Siedlung“. Von dort führte ein Bohlenweg durch das Moor zu dieser damals bereits künstlich geschaffenen Erhebung. Weitere Hinweise hierzu ergeben sich aus einem Schriftverkehr zwischen dem Heimatforscher Fritz Sagemüller und Prof. Dr. A. Stieren.

Dies ist in der Geschichte der Wehrbauten kein Einzelfall. Die besondere strategische Lage eines Ortes führte immer wieder dazu, daß in kürzeren oder längeren Zeitabständen an ein und demselben Ort militärische Anlagen errichtet wurden. So beispielsweise westlich von Dorsten im Barloer Busch, wo sich ca. 100 mtr. neben einer leider in den 70-er Jahren eingeebneten Turmhügelburg des 12. Jahrhunderts, ein Belagerungswerk aus dem 30-jährigen Krieg befindet.

ursprünglicher Text: Fritz Oetterer, ergänzt um Links und an einigen Stellen editiert und gekürzt.

Wikipedia: Liste deutscher Turmhügelburgen
Wikipedia: Burgstall, abgegangene Burg


Quellen
Kartenausschnitts 1927:
http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71054291
Verwalter: Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), Kartensammlung, Signatur/Inventar-Nr.: SLUB/KS 2006 1 001601

Serie: Topographische Karte (Meßtischblätter); 4207,1937 Beschreibung:
Raesfeld. – Hrsg. 1897, bericht. 1927, gedruckt 1937. – 1:25000.

Kartenausschnitt 1579:
Westphaliae totivs, http://biblio.unibe.ch (gemeinfrei)