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Viele Informationen zu den deutschen Mühlen:
Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung e.V
Die Rhader Wassermühle zeigt sich in neuem Glanz und voller Funktion
Ein Bericht aus dem Heimatkalender 2004 von Manfred Hinzmann u. Karl-Heinz Sichmann
Der Heimatverein Rhade meldete sich im Heimatkalender 1996 mit einem Beitrag zu Wort, der die Überschrift trug: „Die Mühle muss bleiben.“ Inzwischen sind einige Jahre vergangen, die engagierte Mitbürgerinnen und Mitbürger damit verbracht haben, diese Forderung in die Tat umzusetzen.
Nach etwa sieben Jahren hatte der Tatendrang der Rhader Heimatfreunde vollendet, was viele zunächst mit großer Skepsis betrachtet hatten: Am 22. Juni 2003, dem Tag der Rhader Vereine, konnten die Wassermühle und das in unmittelbarer Nachbarschaft errichtete Vereinsheim des Heimatvereins Rhade der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Eingeleitet wurde die Bau- und Restaurierungsphase mit dem Abschluss eines auf 25 Jahre angelegten Pachtvertrages zwischen der St. Michael GmbH und dem Heimatverein Rhade im November 1998. Dieser Vertrag garantiert der nachfolgenden Generation die weitere Nutzung und Betreibung der Mühle.
Die Kosten für die Renovierung des Mühlengebäudes einschließlich der Stützwand beliefen sich auf ca. 112.000 €.
Diese Kosten wurden gedeckt durch:
102.000 € öffentliche Mittel,
10.200 € Heimatverein,
sowie 15.300 € für denkmalgestütze Arbeiten.
Das Mahlwerk kostete 41.400 €.
Die Finanzierung dieser Summe wurde gesichert durch öffentliche Mittel: 31.200 € sowie 10.200 € Heimatverein. Die in Eigenleistung des Heimatvereins angesetzten Arbeitsstunden wurden mit 3.000 € veranschlagt.
Die gesamte Kostenabwicklung lag in den Händen von Josef Frerick, dem langjährigen Schatzmeister des Heimatvereins.
Die konstruktive Zusammenarbeit mit den öffentlichen Stellen, insbesondere mit der Bezirksregierung Münster, dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe/Amt für Denkmalpflege, dem Kreis Recklinghausen, dem Amt für Agrarordnung Coesfeld und der Stadt Dorsten war eine wichtige Grundlage für die Verwirklichung des Restaurierungsprojektes, das durch den Heimatverein insbesondere durch Eigenleistung im handwerklichen Bereich gestützt werden musste. An diese Bedingung war die Vergabe öffentlicher Mittel geknüpft.
Die Instandsetzungsarbeiten konzentrierten sich auf die Sicherung des Daches, die Renovierung des Bruchsteinmauerwerkes, die Beseitigung der Feuchtigkeit, die Herstellung einer neuen Stützwand, die Wiederherstellung des Mühlrades und die Renovierung des Inneren der Mühle einschließlich des Mahlwerkes. Außerdem musste ein Durchbruch unter der Kreisstraße angelegt werden, um Wasserzufuhr sicher zu stellen.
In einer Projektarbeit der Fachschule des Berufskollegs Borken (Fachrichtung Baudenkmalpflege) stellten die Herren Latsch, Naumann, Storr u. Strathoff in hervorragender Weise den Zustand der Rhader Wassermühle dar. Das Ergebnis ihrer Arbeit bestätigte, dass die Außenhaut der Mühle von Grund auf restauriert werden musste. Die auf Denkmalschutz-Arbeiten spezialisierte Firma Paetzke aus Hoerstel bewältigte diese Aufgabe ausgezeichnet. Besondere Probleme traten dabei auf der Ostseite auf. Die jahrelange Belastung durch das Wasserrad und die damit einhergehenden Frostschäden hatten diese Wand nach außen gedehnt, so dass sie auszubrechen drohte. Es gab keinen anderen Weg, als die Wand Stein für Stein abzutragen und von Grund auf neu zu vermauern.
Bei diesen Arbeiten wurde auch klar, dass die Mühle in frühester Zeit durch drei unterschlächtige Wasserräder betrieben wurde, denn die Bauansätze waren noch deutlich am Hintermauerwerk zu erkennen. Es zeigte sich auch, dass die Rhader Wassermühle in ihrer Geschichte mindestens drei Bauabschnitte erlebt hat. Die zum Bau verwandten Steine stammen größtenteils aus dem nahe gelegenen Lembecker Steinbruch, einzelne Stücke wurden auch aus den Baumbergen beschafft.
Die Anhebung der Lembecker Straße auf das gegenwärtige Niveau und die Umstellung der Mahlvorrichtung auf Strom gaben 1973 den Anlass zur Entfernung des Mühlrades. Große Teile der Rhader Bevölkerung waren mit dieser Entscheidung nicht einverstanden, weil ihnen damit ein Wahrzeichen des Dorfes genommen war. So war es für den Heimatverein nahe liegend, sich mit einem Spendenaufruf an die Bevölkerung zu wenden. Der Erwerb eines Bausteines mit dem Abdruck des Mühlrades und der Aufschrift „damit sich das Mühlrad wieder dreht“ fand in Rhade großen Anklang. (Weitere Bausteine können noch jederzeit beim Heimatverein erworben werden.)
Da die Generation, die bis zum Ende des 2. Weltkrieges mit dem Wasserrad gearbeitet hatte inzwischen verstorben war, mussten erfahrene Mühlenbauer aus dem Mindener Land und aus den Niederlanden zu Rate gezogen werden, um ein neues Rad für die Rhader Wassermühle anzufertigen. Das ortsansässige Unternehmen Hugo Vennhoff übernahm schließlich den Bau des neuen Wasserrades, das einen Durchmesser von 2,60m hat und 1,50m breit ist. Von der Bestandsaufnahme über die Genehmigungen bis hin zur Endausführung wurde der Heimatverein durch die Architekten Jürgen Wischnewsky und Guido Hegemann sowie durch den Statiker Georg Wesseling beraten und betreut. In Einzelfragen konnten wir auch auf unser Mitglied Erich Mechlinski zurückgreifen. Die Bauleitung und überwachung der einzelnen Arbeiten lag bei unseren Vorstands-Mitgliedern Stephan Vennhoff und Josef Frerick in besten Händen.
Die Rhader Wassermühle trug an der Nordseite bis zum Jahre 1973 das Wappen mit der Jahreszahl 1727. Lange Zeit glaubte man, so auch noch Richard Albrecht in seinem Beitrag im Heimatkalender 1976, dass die Mühle in diesem Jahr erbaut wurde. Allerdings wissen wir jetzt, dass in diesem Jahr der 3. Bauabschnitt der Rhader Mühle begann. Die gräfliche Familie nahm die Restaurierungsarbeiten an der Wassermühle zum Anlass, einen neuen Wappenstein zu stiften. Graf Merveldt schrieb u. a.:
Jahreszahlen sind immer von Bedeutung, so dass wir heute annehmen können, dass 1727 im Auftrag der Wappenträger ein Umbau der Mühle vorgenommen worden ist. Das dürfte für den Teil des Bauwerkes sprechen, an dem der Stein heute wieder zu sehen ist. Der Rhader Bildhauer Rainer Kuehn, hat den neuen Stein aus Thüster Kalkstein gehauen, einem Material, welches aus dem Steinbruch Thüst im Weserbergland stammt. Als Vorlage dazu diente die Wappenkartusche, die sich über dem Torbogen zur Vorburg von Schloß Lembeck befindet und die Jahreszahl 1692 trägt. Diese Zahl belegt die Fertigstellung des Wasserschlosses Lembeck. Der Stein an der Rhader Mühle ist zusätzlich mit ähren und einem Mühlstein zwischen Wellen als Schmuckelement versehen worden. Diese Symbole sind ein Hinweis auf die Funktion dieses Gebäudes.
Im 18. Jh. Wurden Wappen und Schmuckelemente in unserer Region aus Sandstein gehauen. Dieser Stein reagiert auf Umwelteinflüsse unseres Industriezeitalters aber so empfindlich, dass heute auf andere Materialien zurückgegriffen wird und der Baumberger Sandstein hauptsächlich noch bei Inneneinrichtungen Verwendung findet. Den Kopf des Steins ziert die Jahreszahl 2000. Das Wappen steht also für die Tradition und die Jahreszahl für die übernahme der Pflege der Anlage durch den Heimatverein Rhade. Im gleichen Jahr wurde auch mit den Restaurierungsarbeiten begonnen.“
Für die großzügige finanzielle und materielle Unterstützung ist der Heimatverein der gräflichen Familie zu großem Dank verpflichtet.
Der letzte Müller der Rhader Wassermühle, Albert Loick, bestätigte, dass die Mahlvorrichtung insgesamt noch funktionsfähig war. Die Vorstandsmitglieder des Heimatvereins, Josef Kappe und Karl-Heinz Juchheim haben in ungezählten Arbeitsstunden nicht nur die Mahlvorrichtung, sondern auch die übrigen technischen Elemente der Mühle fachkundig repariert.
Das Innere der Mühle sollte so genau wie möglich rekonstruiert bzw. erhalten werden. Es war gar nicht so einfach, die richtige Farbgestaltung wiederherzustellen. Johannes Grömping konnte eine übereinstimmung mit Frau Wittkamp vom Landschaftsverband Münster, Westf. Amt für Denkmalspflege, herbeiführen, die unseren für den Innenanstrich vorgesehenen „Blauton“ bestätigte. In diesem Zusammenhang fand sich eine Notiz aus dem Schlossarchiv von 1824, die besagt:
„Im Kirchspiel Rhade sind von dortigen Eingesessenen Johann Deutz und Heinrich Wehling, Deuten, Erdteile entdeckt, aus welchen dieselben sehr taugliche Farbe und ein vorzügliches, ein sehr schönes Mineral Blau, welches als recht tauglich gesucht und produziert.“
Die blaue Farbe wurde in früherer Zeit nicht nur in Mühlen, sondern auch in Viehställen verwandt, um Ungeziefer zu vertreiben.
Parallel zur Wiederherstellung der Wassermühle verfolgte der Heimatverein den Plan, auf dem anliegenden Grundstück ein Vereinsheim zu errichten. Zunächst hatte der Verein das angrenzende Gebäude im Auge. Nach dem Beginn der Restaurierungsarbeiten dauerte es dann noch einige Zeit, bis die Frage geklärt war, ob der Anbau, der dem Müller zuletzt als Lager gedient hatte, unter Denkmalschutz stand. Der schlechte bauliche Gesamtzustand ließ eine Nutzung als Vereinsheim nicht geraten erscheinen, so dass die gräfliche Familie schließlich ihr Einverständnis zum Bau eines neuen Domizils für den Heimatverein gab. Für den planerischen Teil zeigte sich das Architekturbüro verantwortlich, um die Statik kümmerte sich das Büro Wesseling.
In einem Gutachten bestätigte die Fa. Patt aus Voerde, dass die Bausubstanz dieses Neubaues hinreichend gegen starke Regenfälle abgesichert ist. Das alte Gebäude wurde von Mitarbeitern des Denkmalpflegewerkhofes aus Steinfurt abgerissen. Die vor 100 Jahren gebrannten Ziegel wurden für künftige Restaurierungen erhalten.
Die Absicherung der Ostseite bereitete wiederum erhebliche Schwierigkeiten. Dafür war der Bachlauf verantwortlich. Bei den Ausschachtungen wurden Pfähle freigelegt, die den Schluss zuließen, dass sowohl der Anbau als auch die Mühle auf Pfählen erbaut worden sind. Solche Eichenpfähle, die in einen feuchten Untergrund gerammt werden und damit keine Luftzufuhr erhalten, bleiben jahrhundertelang standfest und gegen Fäulnis resistent. Eine dendrochronologische Untersuchung ergab, dass diese Pfähle aus dem Jahre Jahre 1641 stammen. So kann man sicher davon ausgehen, dass das Baujahr der Rhader Wassermühle mindestens bis ins 17. Jahrhundert zurückgeht.
Nach dem Artikel für den Heimatkalender 2004 für das Internet aufbereitet von B. Nienhaus.